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Ende Juli 2020 war es so weit. Ich durfte endlich das Geburtstagsgeschenk einlösen, das ich von meinen Eltern bekommen hatte. Der Besuch einer Esswahrnehmung bei Rebecca Clopath im kleinen Bündner Bergdorf Lohn für zwei Personen. Was erwartet mich da? Einfach nur ein Essen? Eine Weiterbildung? Ein Genusserlebnis?

Um das herauszufinden, fuhren meine Frau und ich in das knapp 30 Minuten entfernte Dorf mit nicht mal 50 Einwohnern. Die Fahrt auf die ca. 1600 Meter über Meer führt über eine teilweise schmale und äusserst kurvige Strasse. Das Wetter war fantastisch und so konnten wir die ganze Schönheit des umwerfenden Panoramas geniessen.

In Lohn angekommen, stellte sich uns die erste Frage: Wo dürfen wir hier parkieren? Gleich am Dorfeingang befanden sich einige Parkplätze. Ob wir hier hinstellen sollen? Wir entschieden uns, dem Navi zu folgen und Richtung Biohof Taratsch zu fahren. Dort angekommen, erkannten wir, das wohl nichts wird, mit Parkplätzen direkt neben dem Hof. Also zurück zum Dorfeingang und zu Fuss zum Zielort.

Der Biohof Taratsch

Auf dem Vorplatz des Gebäudes, in welchem sich ein Hofladen sowie der Speiseraum befand begrüsste uns eine freundliche Dame. Wie sich später herausstellte, war sie Rebeccas Schwester, die für eine Kollegin einspringen musste, welche aufgrund der Covid-Situation in Kolumbien fest sass. Neben uns war bereits ein weiteres Paar aus Zürich anwesend. Wir unterhielten uns ein wenig und versuchten unter dem Sonnensegel der Sommerhitze zu entfliehen, was kaum gelang. Kurz darauf kamen die nächsten Teilnehmer, zwei Männer aus Basel und Bern. Ich war erstaunt, aus welchen Regionen der Schweiz die Leute nach Lohn gelockt wurden.

Wir begannen mit dem Apéro und Rebecca Clopath erzählte uns, dass wir noch auf 6 weitere Personen warteten. Kurze Zeit später informierte sie uns, dass diese 6 Personen nicht kämen, weil sie sich im Termin geirrt hätten und gerade in der Türkei im Urlaub seien. Wir fragten uns, wie das bloss passieren könne, hatten aber dann plötzlich die Hoffnung, dass es nun mehr für uns gab.

Das Thema: «Alpine Kräuterkraft»

Als es los ging, baten uns die Gastgeber im Inneraum Platz zu nehmen. Sie hätten aufgrund der reduzierten Anzahl Gäste die Tische anders angeordnet. Wir sassen u-förmig, an drei Seiten jeweils zwei Gäste, mit Blick Richtung Küche. Grossartig!

Der Ablauf war immer gleich: Rebecca Clopath hat kurz etwas über den kommenden Gang erzählt und was für Zutaten das Team auf welche Weise zubereitet hat. Sie wurde bei all den Gängen auch nicht müde die verschiedenen Fragen der Gäste zu beantworten. «Wie habt ihr den Sauerteig gemacht?», «Woher kommen die Saiblinge?» und «Woher habt ihr die Bergamotte?».

Anschliessend erzählte Rebeccas Schwester (peinlich, dass ich mir ihren Namen nicht merken konnte…) welche Getränke diesen Gang begleiten. Serviert wurden ausschliesslich Naturweine aus verschiedenen Regionen, sowie jeweils eine alkoholfreie Variante. Das Schöne an der alkoholfreien Variante war, dass es jedes Mal ein sehr aufwändiges und spannendes Getränk war, das hervorragend zum Gang gepasst hat. Die Weintrinker waren bisweilen fast schon eifersüchtig. Sobald das Essen serviert wurde, hat jemand aus dem Team erneut erzählt, was sich wo auf dem Teller befindet.

Die Esswahrnehmung stand unter dem Motto «Alpine Kräuterkraft». «Die wahren Schätze der Alpen sind die Bergkräuter und -gewächse mit ihrer intensiven Kraft.», schreibt Rebecca Clopath in einem kleinen Booklet, das wir zum Abschluss als Erinnerung bekommen haben.

9 Gänge, 6 Stunden

Es kam ein Gang nach dem anderen. Ganz getreu dem Motto «Alpine Kräuterkraft». hatte jeder Gang seinen eigenen, wohlklingenden Namen. Das ging von «Aromatherapie» über «Bachblüten» und «Fasten» bis hin zu «Demeter» und «Kneipp».

Einer der Gänge, die mich am meisten beeindruckt haben, war «Mond, Moor, Hexen, Mystiker und Lehrmeister». Die Beschreibung im Booklet erwähnt gereiften Joghurt, Erde, Pulver von Bäumen, Baumzapfen, Beeren , Moos und Baumbart. Genauso hat es auch geschmeckt. Es war wie ein intensiver Waldspaziergang. Ein grossartiges Geschmackserlebnis. Ich wusste bis dato nicht, dass Baumbart und Moos so appetitlich können.

Esswahrnehmung bei Rebecca Clopath
Esswahrnehmung 2020 Gang 2: Mond, Moor, Hexen, Mystiker und Lehrmeister

Ein weiterer Gang, der mir wohl lange in Erinnerung bleiben wird nannte sich «Aderlass und Pilze». In der Beschreibung werden folgende Zutaten erwähnt: Pilz-Tarte, Buchweizen-Lupinen-Blut-Eiscreme, Blutpudding, Sauerklee, Sauerrahm und Blaubeeren. «Hat sie wirklich Blut gesagt?», dachte ich mir, als Rebecca Clopath die Geschichte dieses Gangs erzählte. Ich liess mich überraschen. Und tatsächlich, befand sich auf dem Teller ein Blutpudding und eine Eiscreme mit Blut als Zutat. Etwas zögerlich liess ich mich darauf ein und hab es nicht bereut. Es passte wirklich sehr gut, ohne dass das Blut stark herausragte.

Esswahrnehmung 2020 bei Rebecca Clopath
Esswahrnehmung 2020 Gang 7: Aderlass und Pilze

Zwischen den Gängen in der Halbzeit gab es eine kurze Pause, während der wir uns die Beine vertreten und die Schönheit von Lohn und dem unglaublichen Panorama geniessen konnten.

Abschluss und Fazit

Den letzten Gang mit dem Namen «Kneipp – Heiss und Kalt» haben wir draussen zu uns genommen. Tee Mädesüss auf Eis, Bao Dampfbrot, Mädesüsswurzel und braune Butter. Ich wusste bis zu dem Zeitpunkt nicht was Mädesüss ist. Auch hier gab es nichts zu bemängeln. Der Tee war erfrischend, das Dampfbrot luftig, leicht und lecker.

Esswahrnehmung 2020 bei Rebecca Clopath
Esswahrnehmung 2020 Gang 9: Kneipp – Heiss und Kalt

Ein toller Abschluss für einen tollen Anlass, der meinen kulinarischen Horizont stark erweitert hat. An dieser Stelle nochmal vielen Dank an Rebecca und ihr Team. Die «Esswahrnehmung» wird dem Namen mehr als gerecht. Es ist Essen, Weiterbildung und ein Genusserlebnis zugleich.

Wir waren nicht zum letzten Mal da – versprochen.

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